(72) Urheber und ausübende Künstler haben in der Regel die schwächere Verhandlungsposition bei der Lizenzvergabe oder der Übertragung ihrer Rechte für die entgeltliche Verwertung, auch wenn sie über ihre eigenen Unternehmen erfolgt, und diese natürlichen Personen benötigen den in dieser Richtlinie vorgesehenen Schutz, um die nach Unionsrecht harmonisierten Rechte umfassend wahrnehmen zu können.
Dieses Schutzbedürfnis besteht nicht, wenn der vertragspartner als Endnutzer handelt und das Werk oder die Darbietung selbst nicht verwertet — das könnte etwa im Rahmen bestimmter Arbeitsverträge der Fall sein.
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(75) Da Urheber und ausübende Künstler in der Regel die schwächere Verhandlungsposition bei der Lizenzvergabe oder der Übertragung ihrer Rechte haben, benötigen sie Informationen, um fortlaufend bewerten zu können, wie sich der wirtschaftliche Wert ihrer Rechte im Vergleich zu ihrer Vergütung für die Lizenzvergabe oder die Rechteübertragung entwickelt, doch hier fehlt es häufig an Transparenz.
Daher ist es wichtig für die Transparenz und Ausgewogenheit des Systems, das die Vergütung von Urhebern und ausübenden Künstlern regelt, dass zwischen den Vertragsparteien oder deren Rechtsnachfolgern geeignete und richtige Informationen ausgetauscht werden.
Diese Informationen sollten aktuell sein, um den Zugang zu den neuesten Daten zu ermöglichen, für die Verwertung des Werks oder der Darbietung relevant und so umfassend sein, dass alle für den Fall relevanten Einnahmequellen abgedeckt sind, gegebenenfalls auch Merchandising-Einnahmen.
Solange die Vermarktung stattfindet, sollten die vertragspartner der Urheber und ausübenden Künstler ihnen vorliegende Informationen zu sämtlichen Arten der Verwertung und allen relevanten Einnahmen weltweit mit einer Regelmäßigkeit bereitstellen, die für die jeweilige Branche angemessen ist, jedoch mindestens einmal jährlich.
Die Informationen sollten in einer Art und Weise bereitgestellt werden, in der sie für den Urheber oder ausübenden Künstler verständlich sind, und eine wirksame Bewertung des wirtschaftlichen Werts der betreffenden Rechte ermöglichen.
Die Transparenzpflicht sollte dennoch nur insofern gelten, als urheberrechtlich relevante Rechte betroffen sind.
Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten wie Kontaktdaten und Informationen zur Vergütung, die erforderlich sind, um die Urheber und ausübenden Künstler über die Verwertung ihrer Werke und Darbietungen zu informieren, sollte gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2016/679 erfolgen.
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(76) Damit den Urhebern und ausübenden Künstlern die Informationen bezüglich der Verwertung auch ordnungsgemäß zur Verfügung gestellt werden, wenn Unterlizenzen an andere Parteien vergeben wurden, die die Rechte verwerten, gibt diese Richtlinie Urhebern und ausübenden Künstlern in Fällen, in denen der erste vertragspartner die ihm vorliegenden Informationen bereitgestellt hat, diese Informationen jedoch nicht ausreichen, um den wirtschaftlichen Wert ihrer Rechte zu bewerten, das Recht, zusätzliche einschlägige Informationen über die Verwertung ihrer Rechte anzufordern.
Diese Aufforderung sollte entweder direkt an die Partei, der die Unterlizenz erteilt wurde, oder an die vertragspartner der Urheber und ausübenden Künstler gerichtet werden.
Urheber und ausübende Künstler und ihre vertragspartner sollten sich bereiterklären können, die übermittelten Informationen vertraulich zu behandeln, jedoch sollten Urheber und ausübende Künstler immer die Möglichkeit haben, die übermittelten Informationen für die Ausübung ihrer Rechte gemäß dieser Richtlinie zu nutzen.
Die Mitgliedstaaten sollten gemäß dem Unionsrecht weitere Maßnahmen vorsehen dürfen, mit denen Transparenz für Urheber und ausübende Künstler sichergestellt wird.
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(77) Bei der Umsetzung der in dieser Richtlinie vorgesehenen Transparenzpflicht sollten die Mitgliedstaaten die Besonderheiten der Inhalte unterschiedlicher Branchen, etwa jener der Musikbranche, der Branche der audiovisuellen Medien und des Verlagswesens, berücksichtigen und bei der Festlegung solcher branchenspezifischen Pflichten sollten alle einschlägigen Interessenträger eingebunden werden.
Falls angezeigt, sollte auch der Bedeutung des Beitrags der Urheber und ausübenden Künstler zum Gesamtwerk oder zur Darbietung in ihrer Gesamtheit Rechnung getragen werden.
Kollektivverhandlungen sollten im Hinblick auf die Transparenz als eine Möglichkeit für die jeweiligen Interessenträger gesehen werden, eine Einigung zu erzielen.
Solche Einigungen sollten für Urheber und ausübende Künstler dasselbe Maß an Transparenz wie die in dieser Richtlinie vorgesehene Mindestanforderung oder ein noch höheres Maß sicherstellen.
Für die Anpassung der geltenden Praxis in der Berichterstattung an die Transparenzpflicht sollte eine Übergangsfrist vorgesehen werden.
Im Hinblick auf Vereinbarungen zwischen Rechteinhabern und Verwertungsgesellschaften, unabhängigen Verwertungseinrichtungen oder anderen Stellen, die den nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2014/26/EU unterliegen, sollten die Transparenzpflichten nicht angewandt werden müssen, da diese Organisationen oder Einrichtungen bereits den Transparenzpflichten nach Artikel 18 der Richtlinie 2014/26/EU unterliegen.
Artikel 18 der Richtlinie 2014/26/EU gilt für Organisationen, die im Namen mehrerer Rechteinhaber zu deren kollektivem Nutzen Urheberrechte oder verwandte Schutzrechte wahrnehmen.
Zwischen Rechteinhabern und ihren vertragspartnern, die in ihrem eigenen Interesse handeln, individuell ausgehandelte Vereinbarungen sollten jedoch der in dieser Richtlinie vorgesehenen Transparenzpflicht unterliegen.
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(78) Bestimmte Verträge über die Verwertung von unionsweit harmonisierten Rechten haben eine lange Laufzeit und bieten den Urhebern und ausübenden Künstlern nur wenig Spielraum, diese mit ihren vertragspartnern oder Rechtsnachfolgern neu zu verhandeln, wenn sich herausstellt, dass der wirtschaftliche Wert der Rechte deutlich höher ist als ursprünglich angenommen.
Unbeschadet des in den Mitgliedstaaten geltenden Vertragsrechts sollte daher ein Verfahren für die Anpassung der Vergütung für die Fälle eingeführt werden, in denen die ursprünglich im Rahmen einer Lizenzvergabe oder Rechteübertragung vereinbarte Vergütung, gemessen an den einschlägigen Einnahmen aus der späteren Verwertung eines Werks oder der Aufzeichnung einer Darbietung durch einen vertragspartner des Urhebers oder des ausübenden Künstlers, eindeutig unverhältnismäßig niedrig wird.
Bei der Bewertung, ob die Vergütung unangemessen niedrig ist, sollten alle für den Fall relevanten Einnahmen berücksichtigt werden, gegebenenfalls auch Merchandising-Einnahmen.
Bei der Bewertung der Sachlage sollten die besonderen Umstände jedes Falls, etwa der Beitrag des Urhebers oder ausübenden Künstlers, sowie die Besonderheiten und Vergütungspraktiken einzelner Branchen und die Frage, ob der Vertrag auf einer Kollektivvereinbarung beruht, berücksichtigt werden.
Vertreter von Urhebern und ausübenden Künstlern, die gemäß dem nationalen Recht und gemäß dem Unionsrecht ordnungsgemäß bestellt wurden, sollten einen oder mehrere Urheber oder ausübende Künstler im Hinblick auf Anträge zur Vertragsanpassung unterstützen können, wobei sie, falls angezeigt, auch die Interessen anderer Urheber oder ausübender Künstler berücksichtigen.
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(79) Urheber und ausübende Künstler scheuen häufig davor zurück, ihre Rechte gegenüber ihren vertragspartnern vor einem Gericht einzuklagen.
Die Mitgliedstaaten sollten daher ein alternatives Streitbeilegungsverfahren vorsehen, das sich mit den Forderungen von Urhebern und ausübenden Künstlern und Forderungen von Vertretern von Urhebern und ausübenden Künstlern in deren Namen im Zusammenhang mit den Transparenzpflichten und dem Vertragsanpassungsmechanismus befasst.
Für diese Zwecke sollten die Mitgliedstaaten entweder ein neues privatwirtschaftliches oder öffentlich-rechtliches Gremium oder Verfahren einrichten oder ein bereits bestehendes heranziehen können, das die in dieser Richtlinie niedergelegten Bedingungen erfüllt, und zwar ungeachtet dessen, ob bei diesen Gremien oder Verfahren die Branche selbst oder die Allgemeinheit federführend ist, und zwar auch dann, wenn es Bestandteil des nationalen Rechtssystems ist.
Die Mitgliedstaaten sollten über die nötige Flexibilität bei der Entscheidung verfügen, wie die Kosten des Streitbeilegungsverfahrens aufzuteilen sind.
Dieses alternative Streitbeilegungsverfahren sollte nicht das Recht der Streitparteien berühren, ihre Rechte gerichtlich geltend zu machen und durchzusetzen.
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(81) Die in dieser Richtlinie festgelegten Bestimmungen über Transparenz, Vertragsanpassungsmechanismen und alternative Streitbeilegungsverfahren sollten bindend sein und die Parteien sollten von diesen Bestimmungen nicht abweichen können, sei es in den Verträgen zwischen Urhebern, ausübenden Künstlern und ihren vertragspartnern oder in Vereinbarungen zwischen diesen vertragspartnern und Dritten, etwa in Geheimhaltungsvereinbarungen.
Artikel 3 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates (17) sollte folglich zum Tragen kommen, indem die Anwendung der in dieser Richtlinie festgelegten Bestimmungen über Transparenz, Vertragsanpassungsmechanismen und alternative Streitbeilegungsverfahren in der von dem Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts umgesetzten Form von der Wahl des Rechts eines Drittstaats unberührt bleibt, wenn sich alle anderen Elemente des Sachverhalts zum Zeitpunkt der Rechtswahl in einem oder mehreren Mitgliedstaaten befinden.
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