(11) Diese Richtlinie sollte gemeinsame Vorschriften für bestimmte Anforderungen an Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern über die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen festlegen.
Zu diesem Zweck sollten die Vorschriften über die Vertragsmäßigkeit digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen, Abhilfen im Fall ihrer Vertragswidrigkeit oder nicht erfolgten Bereitstellung, und die Art und Weise der Inanspruchnahme dieser Abhilfen, sowie die Änderung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen, vollständig harmonisiert werden.
Die vollständige Harmonisierung einiger wesentlicher Elemente des Verbrauchervertragsrechts würde es Unternehmen — und insbesondere KMU — einfacher machen, ihre Produkte in anderen Mitgliedstaaten anzubieten.
Die Verbraucher würden aufgrund einer vollständigen Harmonisierung der wesentlichsten Vorschriften von einem hohen Verbraucherschutzniveau und Wohlfahrtsgewinnen profitieren.
Die Mitgliedstaaten dürfen im Anwendungsbereich dieser Richtlinie keine weiteren formalen oder materiellen Anforderungen vorschreiben.
So sollten die Mitgliedstaaten beispielsweise keine Vorschriften über die Umkehr der Beweislast erlassen, die sich von den Bestimmungen dieser Richtlinie unterscheiden, oder auch keine verpflichtung des Verbrauchers, den Anbieter innerhalb eines bestimmten Zeitraums über eine Vertragswidrigkeit zu informieren.
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(15) Den Mitgliedstaaten sollte es auch nach wie vor freistehen, beispielsweise die Rechte von Parteien auf Zurückhaltung der Erfüllung ihrer verpflichtungen oder von Teilen davon, bis die andere Partei ihre verpflichtungen erfüllt, zu regeln.
Die Mitgliedstaaten sollten zum Beispiel weiterhin die Möglichkeit haben, zu regeln, ob ein Verbraucher im Fall einer Vertragswidrigkeit Anspruch darauf hat, die Zahlung des Preises oder eines Teils davon zurückzuhalten, bis der Unternehmer den vertragsgemäßen Zustand der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen hergestellt hat, oder ob der Unternehmer Anspruch darauf hat, eine dem Verbraucher bei Beendigung des Vertrags zustehende Erstattung zurückzuhalten, bis der Verbraucher seiner in dieser Richtlinie vorgesehenen verpflichtung, den körperlichen Datenträger an den Anbieter zurückzugeben, nachgekommen ist.
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(26) Diese Richtlinie sollte für Verträge über die Entwicklung maßgeschneiderter digitaler Inhalte gemäß den Anforderungen des Verbrauchers gelten, auch für maßgeschneiderte Software.
Diese Richtlinie sollte überdies für die Bereitstellung elektronischer Dateien im Rahmen des 3D-Drucks von Waren gelten, soweit solche Dateien unter die Begriffsbestimmung für digitale_Inhalte oder digitale_Dienstleistungen im Sinne dieser Richtlinie fallen.
Rechte und verpflichtungen im Zusammenhang mit Waren, die unter Verwendung der 3D-Druck-Technologie hergestellt wurden, sollten jedoch nicht unter diese Richtlinie fallen.
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(47) Während des Zeitraums, den der Verbraucher vernünftigerweise erwarten würde, sollte der Unternehmer dem Verbraucher Aktualisierungen, einschließlich Sicherheitsaktualisierungen, bereitstellen, damit die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen in vertragsgemäßem Zustand bleiben und sicher bleiben.
So sollte beispielsweise in Bezug auf digitale_Inhalte oder digitale_Dienstleistungen, deren Zweck zeitlich begrenzt ist, die verpflichtung zur Bereitstellung von Aktualisierungen auf diesen begrenzten Zeitraum beschränkt sein, während bei anderen Arten digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen der Zeitraum, in dem dem Verbraucher Aktualisierungen bereitgestellt werden sollten, dem Gewährleistungszeitraum für Vertragswidrigkeit entsprechen könnte oder über diesen Zeitraum hinausgehen könnte, was insbesondere bei Sicherheitsaktualisierungen der Fall sein könnte.
Es sollte den Verbrauchern freistehen, die bereitgestellten Aktualisierungen zu installieren.
Entscheidet sich der Verbraucher dafür, die Aktualisierungen nicht zu installieren, sollte er jedoch nicht erwarten, dass die Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen gewahrt bleibt.
Der Unternehmer sollte den Verbraucher darüber informieren, dass sich die Entscheidung des Verbrauchers, Aktualisierungen nicht zu installieren, die für die Aufrechterhaltung der Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen erforderlich sind, einschließlich der Sicherheitsaktualisierungen, auf die Haftung des Unternehmers für die Vertragsmäßigkeit dieser Merkmale der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen, die durch die betreffenden Aktualisierungen gewahrt werden soll, auswirkt.
Diese Richtlinie sollte die im Unionsrecht oder im nationalen Recht festgelegten verpflichtungen zur Bereitstellung von Sicherheitsaktualisierungen unberührt lassen.
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(48) Die Verordnung (EU) 2016/679 oder andere Datenschutzvorschriften der Union sollten für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit Verträgen, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, in vollem Umfang gelten.
Außerdem sollten die Rechte, verpflichtungen und außervertraglichen Rechtsbehelfe gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 von dieser Richtlinie unberührt bleiben.
Sachverhalte, die dazu führen, dass die Anforderungen der Verordnung (EU) 2016/679, einschließlich wesentlicher Grundsätze wie Datenminimierung, Datenschutz durch Technik und datenschutzfreundliche Voreinstellungen, nicht eingehalten werden, können je nach den Umständen des Falls auch als fehlende Übereinstimmung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen mit den subjektiven oder objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit gemäß dieser Richtlinie betrachtet werden.
Ein Beispiel könnten Fälle sein, in denen ein Unternehmer im Vertrag ausdrücklich eine verpflichtung eingeht oder in denen der Vertrag entsprechend ausgelegt werden kann, und eine Verbindung mit den verpflichtungen des Unternehmers nach der Verordnung (EU) 2016/679 besteht.
In diesem Fall kann eine solche vertragliche verpflichtung Teil der subjektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit werden.
Ein zweites Beispiel könnten Fälle sein, in denen eine Nichteinhaltung der verpflichtungen gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 zugleich dazu führen könnte, dass die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht für den vorgesehenen Zweck geeignet sind, was bedeutet, dass die objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit, denen zufolge die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen für die Zwecke geeignet sein müssen, für die digitale_Inhalte oder digitale_Dienstleistungen desselben Typs normalerweise verwendet werden, nicht erfüllt werden.
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(61) Hat der Unternehmer die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht bereitgestellt, so sollte der Verbraucher den Unternehmer auffordern, die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen bereitzustellen.
In solchen Fällen sollte der Unternehmer unverzüglich oder innerhalb einer von den Parteien ausdrücklich vereinbarten zusätzlichen Frist tätig werden.
Da digitale_Inhalte oder digitale_Dienstleistungen in digitaler Form bereitgestellt werden, sollte bei der Bereitstellung in den meisten Fällen keine zusätzliche Zeit erforderlich sein, um dem Verbraucher die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen bereitzustellen.
Daher sollte in solchen Fällen die verpflichtung des Unternehmers zur unverzüglichen Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen bedeuten, dass sie sofort bereitzustellen sind.
Stellt der Unternehmer die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen dann nicht bereit, so sollte der Verbraucher zur Beendigung des Vertrags berechtigt sein.
Unter bestimmten Umständen, beispielsweise wenn klar zu erkennen ist, dass der Unternehmer die digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht bereitstellen wird, oder wenn für den Verbraucher ein bestimmter Zeitpunkt für die Bereitstellung von grundlegender Bedeutung ist, sollte der Verbraucher berechtigt sein, den Vertrag zu beenden, ohne vorher den Unternehmer zur Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen aufzufordern.
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(69) Stellt der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene_Daten bereit, so sollte der Unternehmer die verpflichtungen der Verordnung (EU) 2016/679 einhalten.
Solche verpflichtungen sollten auch in jenen Fällen zu erfüllen sein, in denen der Verbraucher eine Geldzahlung leistet und personenbezogene_Daten bereitstellt.
Nach Beendigung des Vertrags sollte es der Unternehmer zudem unterlassen, Inhalte, die nicht personenbezogene_Daten sind und die vom Verbraucher bei der Nutzung der vom Unternehmer bereitgestellten digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen bereitgestellt oder erstellt wurden, zu nutzen.
Solche anderen Inhalte könnten digitale Bilder, Video- und Audiodateien oder auf mobilen Geräten erstellte Inhalte umfassen.
Jedoch sollte der Unternehmer berechtigt sein, die vom Verbraucher bereitgestellten oder erstellten Inhalte weiter zu nutzen, wenn solche Inhalte außerhalb des Kontextes der von dem Unternehmer bereitgestellten digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen keinen Nutzen haben, wenn sie ausschließlich mit der Aktivität des Verbrauchers zusammenhängen, wenn sie vom Unternehmer mit anderen Daten aggregiert wurden und nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand disaggregiert werden können oder wenn sie vom Verbraucher gemeinsam mit anderen erzeugt wurden und sie von anderen Verbrauchern weiter genutzt werden können.
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(71) Der Verbraucher sollte das Recht haben, die Inhalte innerhalb einer angemessenen Frist, ohne Behinderung durch den Unternehmer, in einem gebräuchlichen, maschinenlesbaren Format und kostenfrei wiederzuerlangen; dies gilt nicht für Kosten wie Internetverbindungskosten, die durch die digitale_Umgebung des Verbrauchers bedingt sind, da diese Kosten nicht spezifisch mit der Wiedererlangung der Inhalte zusammenhängen.
Die verpflichtung des Unternehmers zur Zugänglichmachung solcher Inhalte sollte jedoch nicht gelten, wenn die Inhalte nur im Kontext der Nutzung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen von Nutzen sind, sie ausschließlich mit der Nutzung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen durch den Verbraucher zusammenhängen oder sie vom Unternehmer mit anderen Daten aggregiert wurden und nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand disaggregiert werden können.
In diesen Fällen sind die Inhalte für den Verbraucher nicht von nennenswertem praktischen Nutzen oder von nennenswertem Belang, wobei auch die Interessen des Unternehmers zu berücksichtigen sind.
Darüber hinaus sollte die verpflichtung des Unternehmers, dem Verbraucher nach Beendigung des Vertrags Inhalte bereitzustellen, die keine personenbezogenen Daten darstellen und die vom Verbraucher bereitgestellt oder erstellt wurden, unbeschadet des Rechts des Unternehmers gelten, im Einklang mit den geltenden Rechtsvorschriften bestimmte Inhalte nicht offenzulegen.
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